Starkregen kann überall auftreten

In einem Seminar beschäftigten sich die Einsatzkräfte der Feuerwehren der Großgemeinde Löhnberg in Theorie und Praxis mit Hochwasser- und Starkregenereignissen, den Gefahren für Menschen sowie möglichen Schutzsystemen. Starkregenereignisse gab es in den letzten Jahren vermehrt in der Region und sie werden zukünftig zunehmen. Am 18. Juni 2021 ging ein solches Starkregenereignis auch über Löhnberg nieder. „Damals sind wir noch mit einem blauen Auge davon gekommen“, erinnert sich Bürgermeister Dr. Frank Schmidt. Starke Schauer, Orkanböen und Hagel gingen über Löhnberg nieder und auch viele Privateigentümer wurden in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem in Niedershausen hatten sie großes Glück gehabt, dass es nicht schlimmer ausging. Direkt nach diesem Ereignis wurde die Gemeinde in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr tätig und schaffte unter anderem Sandsäcke sowie Stromerzeuger und Schlammsauger sowie Schlammtauchpumpen an. Zudem beantragte die Gemeinde beim Land Hessen Fließ- und Starkregenkarten, die Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Da solche Ereignisse in Zukunft zunehmen können, beschäftigten sich die Einsatzkräfte einen Tag lang intensiv mit dem Thema. Referent war Michael Kühn, Präsident der Akademie Hochwasserschutz und Mitarbeiter Amt für Ländlichen Raum Limburg-Weilburg.
In der Theorie ging es darum, was Hochwasser von Starkregenereignissen unterscheidet. So beträgt bei einem möglichen Hochwasser wie an der Lahn die Vorwarnzeit einige Tage oder bis zu acht Stunden zum Beispiel für den Kallenbach. Diese Vorwarnzeit gibt es bei einem Starkregenereignis, welches zudem lokal sehr begrenzt auftreten kann, nicht. Hier sind es wenige Stunden Vorwarnzeit. Und wenn sich die Schleusen öffnen, kommen innerhalb kurzer Zeit große Niederschlagsmengen herunter. Auslöser für Starkregenereignisse sind große Temperaturunterschieden zwischen dem Boden und der Luft, Hitze, feuchte Luft und große versiegelte Flächen. Michael Kühn stellte einen klaren Zusammenhang zwischen der Erderwärmung und den Starkregenereignissen dar. „Seit Ende des Zweiten Weltkrieges ist es 1,7 bis 1,8 Grad wärmer“, so Kühn, „und seit 2010 sind zunehmende Starkregenereignisse ein Thema.“ Man geht davon aus, dass ein Grad Erderwärmung im Jahr für sieben Prozent mehr Regen sorgt. „Je mehr Erderwärmung wir haben, umso mehr Regen gibt es“, so der Referent weiter. Besonders häufig sind dabei die Starkregenereignisse von Mai bis September, wobei die häufigsten Ereignisse im Juli vorkommen. Und das schlimmste Starkregenjahr 2018 war auch das größte Dürrejahr. Daher könne niemand mehr sagen, ihn werde es nicht treffen, so der Referent.
Wenn ein solches Starkregenereignis über einem Ort niedergeht, sind auch die Einsatzkräfte gefordert, weshalb ein Schwerpunkt im Seminar die Gefahren für diese war. Fließendes Wasser bei einem Starkregenereignis ist so schnell, dass es einem Menschen die Beine wegziehen kann. Kanaldeckel werden nach oben gedrückt und aufgrund fehlender Sicht kann es passieren, dass man in einen Kanal gespült wird. Treibgut im Wasser kann zu einer Gefahr werden. Anschaulich mit kleinen Videos präsentierte Kühn die verschiedenen Gefahren. Kellerräume, in denen häufig die Infrastruktur wie Stromversorgung sitzt, werden zu Gefahrenquellen und insgesamt kann sich der Keller zu einer tödlichen Falle entwickeln, weshalb diese Räume bei einem Starkregenereignis gemieden werden sollen. „Seien sie in einer solchen Lage immer vorsichtig und bringen sie sich nicht selbst in Gefahr“, so sein Rat an die Einsatzkräfte. Und dies ist auch ein wichtiger Rat an die Bevölkerung.
Im Vorfeld lässt sich einiges machen. Ein Problem sind z.B. Maisfelder, die für riesige Schlammlawinen bei Starkregen sorgen. Eine Mulchsaat oder eine andere Pflugrichtung können hier schon einiges bewirken. Auch die leeren Waldflächen stellen potentielle Erosionsflächen dar, die bei einem Starkregenereignis sich in Schlammlawinen verwandeln können. Hier könnte eine Anpassung der Neigungen der Wege für eine Entlastung sorgen. Um solche Gefahrenpunkte einzuschätzen, benötigt die Gemeinde die Fließ- und Starkregenkarten.
Nach der ganzen Theorie ging es in die Praxis und die Feuerwehrmänner und -frauen durften Sandsäcke befüllen, stapeln und einen Damm bauen. Da zeigte sich, dass es ein wenig Fingerspitzengefühl braucht, um die Säcke richtig zu befüllen. Auch für die Stapelung auf den Paletten gibt es genaue Vorgaben, damit diese stabil sind. Da braucht es ein System, um effektiv zu sein. Der theoretische Teil zeigte aber auch, dass nicht die Feuerwehr allein dazu in der Lage ist, bei einem Starkregenereignis zu reagieren. Gibt es ein Starkregenereignis, ist es zu spät, mit der Befüllung der Sandsäcke anzufangen. So schnell können die Sandsäcke gar nicht befüllt werden, wie sie benötigt werden. Daher hat die Gemeinde Löhnberg einige Paletten Sandsäcke auf Bevorratung. Daher gab es auch den Rat an die Feuerwehren, die Bevölkerung zu sensibilisieren, selbst Vorsorge für ein solches Ereignis zu treffen. Darüber kann man sich bei der örtlichen Feuerwehr informieren.